Anforderungen an mobile Geo-Datenbanken für Katastropheninformations- und -warnsysteme
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Die jüngsten Hochwasserkatastrophen in Deutschland verdeutlichten, dass heutige Katastropheninformationsund -warnsysteme – so sie denn überhaupt schon existieren und einsatzbereit sind – nur bedingt den Anforderungen an die Technik genügen und im Ernstfall das Potential moderner mobiler Informationssysteme nicht voll ausgeschöpft wird. Der vorliegende Beitrag untersucht welche Anforderungen an mobile Katastropheninformationsund -warnsysteme insbesondere bezüglich mobiler Datenbanken zu stellen sind. Besondere Bedeutung kommt hierbei mobilen Geodatenbanken zu, da Umweltkatastrophen per se einen räumlichen Bezug – wie z.B. eine sich laufend verändernde Ausdehnung – aufweisen, die für Bürger und Rettungskräfte gleichermaßen bedeutsam ist. Dabei müssen Aktualisierungen auch bzgl. des räumlichen Ausmaßes der Katastrophe leicht vor Ort eingepflegt werden können und diese dann rasch allen Betroffenen zur Verfügung stehen. Dies hat Auswirkungen auf die einzusetzenden Updateund Synchronisationsmechanismen. Es werden Einsatzszenarien solcher mobiler Katastropheninformationsund –warnsysteme bei Prävention und im Unglücksfall vorgestellt und die für die Datenbanken daraus ableitbaren Randbedingungen am Beispiel von Hochwasser skizziert. 1. Mobile Katastropheninformationssysteme Die Ereignisse an der Elbe zeigen, dass im Falle einer Katastrophe eine leistungsfähige, dezentrale Kommunikationsplattform zum Informationsaustausch zwischen Krisenstäben, Einsatzkräften, Behörden und der Bevölkerung nötig ist. Hochwasservorhersagemodelle sind zudem nutzlos, wenn ihre Prognosen die betroffene Bevölkerung nicht rechtzeitig erreichen oder nicht richtig verstanden werden. Zwar existieren bereits Vorhersagemodelle zur Hochwasserdynamik verschiedener Flußsysteme [MA02], doch ein Großteil dieser Informationen ist für die eigentliche Zielgruppe nicht zugänglich. Beispielsweise ist die Vorhersage des in 24 Stunden an einem amtlichen Pegel zu erwartenden Wasserstandes für den Normalbürger wertlos, wenn sie nicht mit einer räumlichen Information verbunden ist (z.B. einer Karte der zu erwartenden Überschwemmungen)[LE03]. Diese Überlegungen ergeben sich aus aktuellen Arbeiten an der Konzeption eines mobilen Katastropheninformationssystems. Bereits existierende Vorhersagemodelle sollen integriert und die errechneten Überschwemmungsflächenvorhersagen den betroffenen Bürgern, zuständigen Behörden und Krisenstäben vor Ort möglichst rasch zur Verfügung gestellt werden. Bisher werden im Katastrophenschutz allerdings v.a. Desktop-GIS (GIS = Geographisches Informationssystem, Software zur Aufnahme, Verwaltung, Analyse und Visualisierung raumbezogener (geographischer) Daten) eingesetzt [NO00]. GIS bieten ein großes Potential im weiteren Bereich Katastrophenvorhersage und -management, wie bei Erdbeben etc. [KI03], vor allem da sie verschiedene Informationen, Daten und Medien über ihre räumliche Position als Schlüssel integrieren, verwalten und analysieren können. Auch im Hochwasserschutz werden sie zunehmend eingesetzt [AS03], jedoch wurden mobile Einsatzmöglichkeiten dabei kaum berücksichtigt und nicht systematisch untersucht. An raumbezogenen Daten spielen dabei sowohl vektorbasierte Geometriedatenmodelle, als auch digitale Geländemodelle (z.B. als TIN (Triangular irregular Network / unregelmäßige Dreiecksvermaschung) oder rasterbasierte Fernerkundungsdaten eine wesentliche Rolle [PE03]. Derartige komplexe Datentypen müssen auch von entsprechenden mobilen Systemen verarbeitet werden können. Um aber eine möglichst breite Bevölkerung erreichen zu können, ist es sinnvoll den Zugriff auf die Geodaten über verschiedene Medien z.B. über das Internet, als mobiler Dienst (z.B. PDA, Smartphone), als SMS, email oder über voice mail bereitzustellen. Die zu verbreitenden Informationen umfassen Prävention (z.B. Gefahrenpotenzialkarten), aktuelle Vorhersagen (z.B. Überschwemmungsflächenvorhersage, Vorhersage von Wasserstandstiefen) und individuelle Warnungen (z.B. Senden einer SMS an Besitzer von akut hochwassergefährdeten Gebäuden). Insbesondere betreffen sie aber das Krisenmanagement während des Notfalls selbst (z.B. Aktualisierung und Übermittlung aktueller Informationen und Lagebeschreibungen zwischen Krisenstäben und Einsatzkräften, Routenplanung unter Berücksichtigung nicht zugänglicher Strassen etc.). Die verschiedenen Möglichkeiten werden in Abbildung 1 schematisch dargestellt. Je nach Ausgangsbasis in den betroffenen Regionen (welche GIS, Datenbanken, Vorhersagemodelle, Warnsysteme, mobile Technologien und Datenquellen sind verfügbar?) muss das Kernsystem unterschiedliche Komponenten integrieren oder neu realisieren. Diese Aspekte stellen besondere Anforderungen an die mobilen Geodatenbanken. Wesentliche Einsatzszenarien werden im Folgenden skizziert und daraus Anforderungen an mobile Geodatenbanken für den Einsatz im Katastrophenfall abgeleitet. Auf die Anbindung konventioneller Medien wie lokales Radio, (Kabel-)TV etc. kann in diesem Rahmen aus Platzgründen leider nicht detailliert eingegangen werden. Schwerpunkt dieses Beitrags ist dagegen die Analyse der speziellen Anforderungen (raumzeitlicher) Geodaten für mobile Datenbanken im skizzierten Szenario. Hierbei soll dieser Beitrag als erste Sammlung der allgemeinen Anforderungen mobiler Katastrophenwarnund –informationssysteme dienen, die als Übersicht über relevante Aspekte bei der Konzeption eines solchen Systems zu verstehen ist. Im konkreten Fall der Realisierung eines solchen Systems muss in der Regel auf eine Reihe bestehender Systeme zurückgegriffen werden, deren individuelle Integration in solch ein System von den verwendeten Technologien, Plattformen und den projektspezifischen Anforderungen abhängt und daher in diesem Rahmen nicht generell beantwortet werden kann. Insbesondere die verschiedenen Hochwasser-Prognosesysteme sind oft als Einzellösungen entwickelt worden und die Entscheidung Integration (wie?) oder gar Neuimplementierung muss für jedes individuell geklärt werden. Dieser Beitrag dient vielmehr einmal als Checkliste für Verantwortliche auf der Anwenderund Nutzerseite, um die bei der Entwicklung eines solchen Systems entstehenden technischen Randbedingungen und ihre Alternativen übersehen zu können und andererseits für Wissenschaftler und Entwickler als Hinweis, welche Anforderungen bestehende mobile Datenbanken und Informationssysteme noch nicht in dem unten dargestellten wünschenswerten Ausmaß erfüllen. 2. Anwendungsszenarien 2.1 Prävention –Aufklärung über Risikopotentiale Durch die Verbreitung von Hochwasserinformationen (z.B. Überflutungs-, Druckwasserund Gefahrenpotentialkarten) soll die Aufklärung über die Überschwemmungsrisiken der verschiedenen Gewässersysteme verbessert werden. Die am jeweiligen Standort bestehenden Risiken werden so für den interessierten Bürger klar erkennbar. Auf einer derartigen Informationsgrundlage kann eine Minderung des Schadenspotenzials erzielt werden, indem z.B. Stromverteilerkästen nicht im Keller, sondern in oberen Stockwerken installieren werden, bzw. Neubauten von vorne herein auf hochwassersicheren Standorten erfolgen. Wichtig ist dabei, dass die digitalen Gefahrenpotenzialkarten in ihrer Darstellung intuitiv interpretierbar sind, räumlich hoch aufgelöst vorliegen (min. Maßstab 1:5000) und jederzeit abgerufen werden können. 2.2 Vorhersage – Ortsunabhängige und zeitnahe Warnung bei akuter Gefahr Hochwasserinformationssysteme sollen die aktuellen, für eine Hochwasserwarnung relevanten Umweltdaten (z.B. Wasserstände der amtlichen Gewässerpegel, Wettervorhersagedaten, Niederschlagswerte in den Flusseinzugsgebieten, Schneeschmelze,...) sammeln und zusammenfassen. Bereits bestehende Vorhersagemodelle (z.B. Wasserstandvorhersagemodelle der Hochwasservorhersagezentralen) sind zu integrieren. Idealerweise werden sie um weitere Vorhersagemodelle (z.B. Modelle für Inundationsflächen auf Basis digitaler Geländemodelle (DGM)) erweitert. Derart berechnete Vorhersagen werden ohne Zeitverzögerung in unterschiedlicher Form dynamisch erzeugt (z.B. Wasserstandsvorhersage-Diagramme, Überschwemmungsflächenkarten, Wasserstandstiefenkarten) und über unterschiedliche Medien verbreitet. Bei Hochwasser sollen automatisch Warnungen an die von den vorhergesagten Überschwemmungen bedrohte Bevölkerung versendet werden. 2.3 Krisenmanagement – Informationsund Planungsplattform für Krisenstäbe, Rettungskräfte und Bürger Im Katastrophenfall können autorisierten Personen (bzgl. mobile Datensicherheit vgl. [HOF02]) über mobile Geräte und Datenfunk Informationen nicht nur vor Ort empfangen, sondern auch eingeben (z.B. aktuelle Lagebericht von gefährdeten Deichen, Aktivierung von Krisenplänen...). Aufgrund von Überschwemmungen gesperrte Straßen sollen mit alternativen Routen angezeigt werden können. Hierzu müssen derartige Daten mobil vor Ort leicht in die Datenbasis einpflegbar sein. Die Krisenstäbe müssen Hinweise an die Bevölkerung übermitteln können. Alle dynamischen Dienste können vom Bürger entweder abgerufen oder bei akuter Gefahr auch ohne vorherige Anfrage vom System direkt übermittelt werden. Abbildung 1: Schematische Übersicht zum Aufbau eines mobilen Katastropheninformationssystems Katastrophen-IS 3. Datenbankrelevante Anforderungen an ein mobiles Katastrophenmanagementsystem Hauptziel ist die Entwicklung eines robusten, offenen und skalierbaren Systems. Zudem ist die Erweiterbarkeit für neue Datenquellen, Nutzergruppen und Endgeräte zu gewährleisten. Hieraus ergeben sich für Architektur, Datenerfassung, haltung und –analyse, sowie Benutzungsschnittstellen Anforderungen, die in den folgenden Abschnitten dargelegt werden. Eine spezielle Problematik ergibt sich daraus, dass bei der Neuentwicklung eines solchen Systems in der Regel auf eine Reihe heterogener Systeme zurückgegriffen werden muss. Hierbei entstehen vielfältige Probleme der Integration von Daten, Technologien und Diensten, die in diesem Rahmen natürlich nicht generell geklärt werden können und sollen. Selbst der Hinweis auf das Zaubermittel XML greift zu kurz, da gerade bei Systemen aus unterschiedlichen Behörden, Ländern und Staaten (Naturkatastrophen beschränken sich nicht auf administrative Grenzen) neben technischen auch zahlreiche semantische (unterschiedliche Normen, Typisierungen, Regeln etc.), organisatorische, sprachliche und rechtlich-administrative Probleme oder Anforderungen zu lösen sind. Daher möchten wir uns auf die für mobile Datenbanken und Informationssysteme relevanten technischen Aspekte konzentrieren. Dabei gelten für mobile Katastrophenwarnsysteme natürlich nicht grundlegend andere Anforderungen als bei herkömmlichen mobilen Informationssysteme, aber dennoch sind eine Reihe von speziellen Anforderungen als auch eine besondere Gewichtung der Anforderungen gegenüber anderen Typen von mobilen Informationssystemen zu betrachten. Bei den „speziellen“ Anforderungen ist besonders die Verwaltung raumbezogener Daten – in 2D oder 3D – möglichst inklusive Zeitbezug – aber eben unter Berücksichtigung der limitierten Ressourcen mobiler Systeme und kabelloser Netzwerke zu nennen. Auf Seite der speziellen Gewichtung allgemeiner Anforderungen sei einerseits die hohen Anforderungen an Robustheit im Katastrophenfall zu nennen, andererseits die schon erwähnte Integrationsfähigkeit im Falle einer räumlichen (weitere Anrainerstaaten etc.) oder funktionalen (neue Prognosemodelle) Erweiterung, d.h., die Notwendigkeit einer offenen Architektur mit standardisierten Schnittstellen. Erst in jüngerer Zeit setzt sich überhaupt eine echte Kopplung derartiger Modelle mit Geoinformationssystemen durch [SE03]. Diese und weitere Gesichtspunkte werden in den folgenden Abschnitten kurz dargestellt und mit den oben skizzierten Anwendungsfällen der Domäne Katastrophenwarnung und –management in Bezug gesetzt.
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